Quellenangaben
Stümges, Sabine (2016): Alles sauber? Reinigung und Reparatur von Kanus. In: Kanu-Sport, Ausgabe 11/2016, Seite 40-43
Drebs, Karl: textliche Bearbeitung und Fotos
Traditionsgemäß endet die aktive Saison der Freizeitkanuten mit der berühmten Glühweinfahrt. Das darf allerdings nicht bedeuten, Boot und Paddel in die Ecke zu stellen und sich dem Hallensport widmen. Zuvor sollte man unbedingt dem Boot einige Aufmerksamkeit gönnen: Denn auch, wenn das Kajak oder der Canadier ein Gebrauchsgegenstand ist, so ist es doch ein Sportgerät, das gepflegt werden muss, um bestens für seine Einsätze gerüstet zu sein. Dabei reicht meistens schon ein Nachmittag an Pflegeaufwand, der ein bestens präpariertes Boot für eine gelungene neue Saison garantiert.
Das Material oder der Bootstyp macht zwar einen großen Unterschied für die benötigte Pflege, aber dennoch gibt es Gemeinsamkeiten, die für alle Materialien gelten:
- Reinigen Sie das Boot gründlich und entfernen Sie Schmutzpartikel oder Salzkristalle. Achten Sie hier besonders auf die Verschraubungen.
- Reinigen Sie auch das Innere des Kanus. Dazu entfernen Sie zunächst die Innenausstattung (Sitze, Gurte und Lukendeckel), entleeren dann das gesamte Boot, spülen es großzügig mit klarem Wasser aus und reinigen es anschließend mit einem Schwamm.
- Trocknen Sie das Boot vor einer Lagerung sorgfältig mit einem Tuch, damit sich kein Schimmel bilden kann, der die Oberfläche mit der Zeit porös werden lässt und aufweicht. Lassen Sie es dabei nicht über Stunden in der prallen Sonne stehen (soweit sich die in der aktuellen Jahreszeit überhaupt so lange blicken lässt). Direkte Sonneneinstrahlung kann den Lack oder die Oberfläche spröde machen und die Farben verblassen lassen.
- Kontrollieren Sie Ihr Kanu auf Beschädigungen wie Rost an den Verschraubungen oder kleine Risse. Kleine Stellen können meist schnell ausgebessert werden.
- Wählen Sie für eine Lagerung einen Platz, der trocken ist und vor Witterungseinflüssen geschützt ist. Feuchtigkeit oder Licht können das Material schädigen. Aus ersterem Grund auch nicht das Boot mit einer aufliegenden Folie abdecken.
- Achten Sie darauf, dass sich kein Wasser im Rumpf sammeln kann, deshalb am besten (je nach Bootstyp) kieloben lagern und schauen, dass sich der Süllrand nicht nach innen drückt.
Das Saisonende (oder ein verregneter Nachmittag) ist ein guter Anlass, um der Oberfläche des Kanus größere Aufmerksamkeit zu widmen und sie gesondert zu pflegen Dabei macht das Material und die Art des Bootes den Unterschied für den benötigten Pflegeaufwand — nachfolgend die geläufigsten Materialien, deren Pflege und Reparatur.
Polyethylen (PE)
Dieses Material ist besonders leicht zu pflegen und gilt als unzerstörbar. Wer das Boot von Schmutzresten befreit und geschützt lagert, hat eigentlich alles richtig gemacht. Kratzer in der obersten Schicht sind zum Glück nur ein kosmetisches Problem und können mit etwas Wachs und Politur kaschiert werden. Tiefer gehende Kratzer oder Risse sollten von einer Fachwerkstatt repariert werden, da zuerst geklärt werden muss, ob das Boot überhaupt reparabel ist. Es gibt unterschiedliche PE-Arten und Herstellungsverfahren, die jeweils andere Eigenschaften besitzen.
Tipp: Gönnen Sie Ihrem Boot ab und an ein Pflegemittel, das vor UV-Strahlung und anderen schädlichen Einwirkungen schützt. Besonders die Farbe des Materials wird es danken.
Glasfaser (GfK)
Boote aus Glasfaser sind leicht und gleichzeitig stabil. Gleichzeitig allerdings sehr empfindlich im Hinblick auf Beschädigungen durch Steine oder Felsen. Der Pflegeaufwand ist höher als bei PE-Kanus und es gibt große Unterschiede. Wie alt ist das Boot? Welche Verschmutzungen liegen vor? In welchem Zustand ist die Oberfläche? Wer sich noch nicht intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat, lässt sich am besten im Fachhandel beraten.
Die Haltbarkeit von GfK-Booten hängt von der Wasserdichtigkeit der Gelcoatoberfläche ob. Durch Wasser, UV-Strahlung und weitere Umwelteinflüsse korrodiert das Gelcoat (Hartlack) und es entsteht im ersten Schritt eine matte Oberfläche (sogenannte Kreidung). Seine gründliche Pflege kann man grob in drei Schritten beschreiben Reinigen — polieren (nur, wenn unbedingt nötig) — konservieren.
Regelmäßige Pflege:
Ein neutraler Reiniger löst Schmutz-partikel von der Oberfläche und macht fettige Substanzen wasserlöslich. Ein Schleif und Poliermittel für die Gelcoatschicht entfernt Auskreidungen und Aufschichtungen. Dabei gilt je feiner die Körnung, umso geringer ist der Materialabtrag und die Beschädigung der gesunden Schichten des Gelcoats und umso höher die Oberflächengüte und damit der Glanzgrad. Unbedingt im Fachhandel bei der Wahl des Produktes beraten lassen Gelcoat besteht im Wesentlichen aus einem Polyesterharz und den darin eingeschlossenen, farbigen Pigmenten. Diese äußere geschlossene Harzschicht gilt es, so lange wie möglich zu erhalten, weshalb Boote in den ersten Jahren möglichst nicht mit Poliermittel behandelt werden sollten. Hier sind konservierende Mittel angebracht die die Materialoberfläche abdecken und schützen. Sie müssen regelmäßig auf die Oberfläche aufgetragen werden. Das bekannte Hartwachs bildet diesen zusätzlich schützenden Film auf der Oberfläche und kann einen sogar vergleichbar hohen Glanzgrad wie im Neuzustand schaffen. Allerdings sind die Pigmente jetzt nicht mehr von hartem und widerstandsfähigem Harz bedeckt, sondern von mehr oder weniger weichem Wachs oder einem anderen Oberflächenmittel. Der wieder vorhandene Glanz hält also bei weitem nicht mehr so lange wie bei einem Neuboot. Wenn man bedenkt, dass eine Gelcoatschicht nur etwa 0,7 bis 0,8 Millimeter dick ist, versteht man, warum Schleif- und Poliermittel auch in den späteren Jahren nur sparsam eingesetzt werden sollten.
Tipp: Wenn man die Gewebestruktur unter dem Gelcoat erahnen kann, sollte das Boot vom Profi eine neue Lackierung bekommen. Die sorgfältige Untergrundbehandlung und die Lackierung in einer absolut staubfreien Umgebung macht es ratsamer, hier zu einer Fachwerkstatt zu gehen.
Reparatur:
Leichte Beschädigungen werden mit schon oben angesprochener Politur und anschließendem Wachsen beseitigt.
Tiefe Kratzer, die bis ins Laminat gehen, sollten am Saisonende entweder mit Polyester- bzw. Glasfaserspachtel oder auch mit flüssigem Polyesterharz oder Gelcoat ausgefüllt werden Anschließend wird das überstehende Material weggeschliffen. Lassen Sie sich vorher bei der Wahl des Reparaturverfahrens beraten und achten Sie auch auf die richtige Härterzugabe und die Verarbeitungstemperatur.Haarrisse in der Farbschicht sind materialtyplsch, bedingt durch die Dicke und Sprödigkeit der Farbschicht und beeinträchtigen weder die Stabilität des Bootskörpers noch kann Wasser durch Haarrisse in den Bootskörper ziehen Wachs unterstützt die Versiegelung.
Brüche werden am sinnvollsten von innen repariert Wer hier selber aktiv werden möchte, sollte sich vorab beraten lassen und auch die Beschädigung von einem Fachmann begutachten lassen. Hier gibt es zahlreiche Details zu berücksichtigen, weshalb an dieser Stelle der Ablauf nur grob skizziert werden kann: Zunächst wird die Innenversiegelung ca. 5-10 cm um den Bruch grob angeschliffen Je noch Größe werden eine oder mehrere Lagen Glasfasermatte aufgelegt und mit Polyesterharz getränkt. Von außen werden an der Bruchstelle lose Materialteile entfernt. Die Stelle wird dann wie bei tiefen Kratzern mit Polyesterharz oder Glasfaserspachtel gefüllt. Nach dem Aushärten sollten die reparierten Flächen noch geschliffen werden. Gut ausgeführt, ist ein repariertes Kanu genauso belastbar wie vor der Beschädigung. Mit Kunstharzlacken können die reparierten Flächen überlackiert werden.
Faltboote
Regelmäßige Pflege:
Verdeck: Das Verdeck mit einer weichen Bürste trocken säubern. Eventuell zusätzlich sauberes Wasser verwenden. Ab und an empfiehlt es sich das trockene Verdeck nach der Reinigung anschließend zu imprägnieren. Dabei erst die Nähte und die eventuell vorhandenen hellen Stellen vorstreichen, dann von einer Seite beginnend, gleichmäßig das gesamte Verdeck mit einem Flachpinsel streichen.
Bootshaut außen: Noch jeder Fahrt reinigen Sie das gesamte Boot mit sauberem Süßwasser und einem weichen Schwamm. Pflegen Sie mindestens einmal im Jahr nach dem gründlichen Reinigen und Abspülen mit klarem Wasser den gummierten Teil der Bootshaut außen mit einem silikonölhaltigen Pflegemittel (Gummipflegemilch) oder mit Silberwachs. Wer zum Schluss mit Talkum nachpoliert, kann neuen Dreck mit einem Lappen leichter abwischen. Alle paar Jahre macht es sind Sinn, die Bootshaut mit Silberfarbe zu streichen. Dabei nach der Reinigung erst die Scheuerstellen vorstreichen, dann die gesamte Haut, von einer Seite beginnend. Zum Schluss mit Talkum nachpolieren.
Bootshaut innen: Die Hautinnenseite sollten Sie ab und zu im zerlegten Zustand des Faltbootes mit klarem Wasser oder Kernseifenlösung waschen. Nach dem mit Wachs oder Emulsion behandeln und vor dem Wiederaufbau mit viel Talkum einpudern (macht die Haut glatter). Zum Schutz vor Sand und Schmutzwasser kann man eine sogenannte Bodenschutzdecke unter das Gerüst einziehen.
Gerüst: Jedes Gerüstteil mit Wasser reinigen, weil der Gerüstlack über die Jahre rissig wird, können Feuchtigkeit und Fäulnis eindringen Es gibt speziellen Gerüstlack, mit dem die schadhaften Stellen ausgebessert werden können. Vor dem Lackieren die schadhafte Stelle gründlich säubern und eventuell mit feinem Sandpapier und Benzin von Talkum, Verschmutzungen usw. reinigen. Dann ein- bis zweimal streichen und dabei die Beschläge aussparen, da der Lack darauf nicht hält.
Lagerung: Zunächst muss das Bootsinnere, Haut und Gerüst, vollkommen trocken sein und gerne auch mit Talkum gepflegt worden sein. Grundsätzlich können Sie das Faltboot verpackt oder auch im aufgebauten Zustand lagern. Im verpackten Zustand sollte bei längerer Lagerung an den Knickstellen eine Papprolle eingelegt und nicht belastet werden Ebenfalls nicht in einem feuchten Raum, direkt auf Beton oder an eine Außenwand angelehnt. Es empfiehlt sich, bei einer monatelanger Lagerung die Bootshaut ausgebreitet zu lagern oder nur locker zu falten. Im aufgebauten Zustand sollte eine Dreipunktlagerung erfolgen (vorne — Mitte — hinten — nicht kieloben), und im gut durchlüfteten Raum.
Reparatur:
Gerüstreparatur: Eine gebrochene Strebe wird mit Expoxydkleber zusammengeklebt und die Bruchstelle mit einer Schiene aus angeklebten Rohrstücken, Blechstreifen oder U-Profilen gestützt Das ist in der Regel nur etwas für versierte Handwerker.
Defekte Beschläge werden entfernt, indem entweder die Schrauben gezogen oder die Nieten durch Aufbohren entfernt werden. Das Einsetzen der neuen Nieten wird der neue Beschlag montiert. Ein wenig handwerkliches Geschick ist hier natürlich notwendig.
Deckreparatur: Risse im Deck werden von links mit PVC-Flicken repariert, die mit einem spezieIlen PVC-Klebstoff auf das Deck geklebt werden. Dabei wird sowohl das Baumwolldeck als auch der Flicken mit dem Kleber eingestrichen und nach dem Ablüften auf die Klebestelle gelegt und kräftig angedrückt. Statt PVC-Flicken kann auch Baumwolldeckstoff verwendet werden. Kleine Undichtigkeiten in der Naht zwischen Deck und Haut können mit einem Nahtdichtungsmittel abgedichtet werden. Bei größeren Rissen in der Naht muss ein Streifen Ferranyl oder Planenstoff von außen mit PVC-Kleber auf die Naht im aufgebauten Zustand geklebt werden.
Reparaturen der Bootshaut: Kleine Abschürfungen werden mit Klebstoff oder Gummifarbe übertupft. Da hier aber die Haftbarkeit eher gering ist, reicht die Methode nur für kleinere Stellen aus. Große Abschürfungen oder Risse werden möglichst von innen geklebt. Außer, es handelt sich um ein Baumwollgewebe, das zwecks Wasserundurchlässigkeit von zwei Seiten geklebt werden muss Häufig werden Kielstreifen verwendet, die mit einer Gummilösung aufgebracht werden. Nicht zu unterschätzen ist die Klebeanweisung „öl- und staubfrei“. Bei jahrelanger Behandlung des Bootes mit Wachs und Gummipflege kann die Schicht schnell einen halben Millimeter dick sein.
Kielstreifen sind Verschleißstreifen aus PVC oder Gummi, die nach einigen Jahren ausgetauscht werden müssen. Das macht man im aufgebauten Zustand mit einem Kleber, der direkt im Reparaturset der entsprechenden Kielstreifen enthalten ist. Das Verfahren ist vergleichbar mit dem Flicken eines Fahrradschlauchs.
Stevenkappe: Wenn diese ausgetauscht werden muss, können diese für die noch auf dem Markt befindlichen Boote nachkauft werden oder man lässt sich welche nach Vorlage der alten Kappen nähen. Sie müssen sorgfältig verschweißt oder verklebt werden, da die Boote unter den Kappen undicht sind.